Neue Schule - neues Glück
Wenn es eng wird im eigenen Haus, weil die Familie wächst, ist es Zeit für einen Wohnungswechsel. Besteht gar die Möglichkeit für einen Neubau, umso besser, lassen sich doch so...
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Wo bisher eine graue Asphaltfläche war, ist jetzt ein vielfältiges Mosaik aus Aktionsbereichen zu finden: Baumstamm-Mikado, Baumhaus und Klettergerüst laden zum Toben und Balancieren ein, das Rondell und mehrere Bänke und Tische bietet Raum zum Treffen und Spielen, dazwischen wachsen viele Büsche und Bäume.
Die Friedrich-Ludwig-Jahn-Schule liegt mitten in einem eng bebauten Innenstadtviertel von Wiesbaden. Durch die vorherrschende Blockrandbebauung sind öffentliche Freiräume kaum vorhanden. Der Schulhof der Jahnschule ist einer der wenigen Spielräume im Quartier und ist daher nachmittags als Spielplatz für Kinder geöffnet.
Die Jahnschule war zum Zeitpunkt ihres Schulhofprojekts eine dreizügige städtische Grundschule mit 310 Schülerinnen und Schülern. Rund ein Drittel der Kinder bleiben, zum Teil bis 17 Uhr, auf dem Schulgelände. Seit dem Schuljahr 2014/15 wird zudem inklusiv unterrichtet. Aufgrund des Ausbaus des Ganztagsangebotes wurde parallel zum Schulhofprojekt ein Teil des Schulgebäudes zu einer Mensa mit zusätzlichen Betreuungsräumen umgebaut.
Das Motto der Jahnschule ist "füreinander - miteinander": Von der Festorganisation bis hin zu Renovierungsarbeiten sind Eltern, Kinder und Lehrkräfte miteinander aktiv. Viele kleinere Instandhaltungsmaßnahmen organisiert die Schule über Einsätze von Freiwilligen, entweder aus den Reihen der Eltern oder im Rahmen der jährlich stattfindenden, stadtweiten Aktionswoche "Wiesbaden Engagiert!". Der sehr aktive Förderverein arbeitet eng mit der Schulleitung zusammen.
Auch die Vernetzung im Viertel ist der Jahnschule wichtig. So arbeiten Schule und Förderverein mit Kindertagesstätten und Horten zusammen, stehen mit dem Ortsbeirat in Kontakt und sind in der Stadtteilkonferenz aktiv. 2016 organisierte die Schule erstmals zusammen mit anderen Vereinen und Initiativen das Stadtteilfest „Mein Mitte“, das auf dem neu gestalteten Schulhof stattfand.
Der Schulhof der Jahnschule
Der Schulhof der Jahnschule besteht aus einem kleineren Innenhof von 670 m² und einem größeren Außenhof von 1.760 m². Beide Schulhofflächen sind über einen breiten Durchgang miteinander verbunden. Ein großer Teil des Innenhofs konnte bereits 2011 entsiegelt und mit Mitteln des Deutschen Fußballbundes in ein Mini-Spielfeld umgewandelt werden. Der Außenhof, der zwischen Straße und Schulgebäude liegt, bot mit seiner monotonen Asphaltfläche und einem in die Jahre gekommenen Klettergerüst weder Aufenthaltsqualität noch angemessene Spielmöglichkeiten. Mit einer, durch verschiedene Ganztags-Betreuungsmodellen bedingten, wachsendne Anzahl von Kindern traten die Defizite des Schulhofs als Bewegungs-, Erholungs- und Lernraum immer deutlicher zutage.
Durch die fehlende Strukturierung der Fläche kam es oft zu Unfällen und Streit zwischen den Kindern. So entstand der Wunsch nach einem attraktiven, naturnahen und pädagogisch vielseitig nutzbaren Schulhof.
Einbindung der Schulgemeinschaft in das Schulhofprojekt
Bereits 2007 nahm der Förderverein gemeinsam mit der Schulleitung eine naturnahe Umgestaltung des Schulgeländes in Angriff. Mit Unterstützung der Forschungsstelle für Frei- und Spielraumplanung (FFS) wurde ein Konzept entwickelt, an dessen Ausgestaltung Kinder und Lehrkräfte intensiv beteiligt waren. Im Rahmen einer Projektwoche und eines schulweiten Malwettbewerbes entwickelten die Kinder erste Ideen für die Umgestaltung. Die Ergebnisse flossen in den eigentlichen Planungsprozess ein, an dem Eltern und Lehrkräfte eng zusammenarbeiteten.
Als nächstes folgte ein herber Rückschlag: da nicht ausreichend Mittel vorhanden waren, konnten die Planungen, die mit so viel Engagement erstellt worden waren, nicht umgesetzt werden. Das Projekt Schulhofumgestaltung drohte zu scheitern.
Im September 2014 startete der Förderverein einen erneuten Anlauf zur Umsetzung des Schulhofprojekts. Unter Federführung von Förderverein und Schulleitung bildeten sich Teams für Fundraising und Bauplanung. Um die Finanzierung diesmal nachhaltig sicherzustellen, entwickelte das Team Fundraising ein breit angelegtes Finanzierungskonzept, mit dem erhebliche Fördermittel akquiriert, aber auch die Schülerinnen und Schüler und ihre Familien eingebunden wurden. Dazu später mehr…
Das Team Bauplanung konkretisierte mit dem FFS den bereits vorliegenden Planungsentwurf, übernahm die Absprachen mit dem Schulträger, koordinierte die Baumaßnahmen mit der Mensabaustelle und organisierte Baufirmen und Materiallieferungen.
Und schon konnte es an die Umsetzung gehen. Bei der Entsiegelung, der Bodenaufbereitung und beim Bau des Atriums war schweres Gerät notwendig, so dass diese Arbeiten während der Sommerferien von Fachfirmen erledigt wurden. An zwei Pflanz- und Werktagen an einem Oktoberwochenende pflanzten Kinder, Eltern und Lehrkräfte gemeinsam zahlreiche Sträucher, Stauden und andere Kleingehölze in den Außenhof. Einige Eichenstämme aus dem Wiesbadener Stadtwald wurden geschält und unter Anleitung des FFS zu einem Baumstammmikado zusammengefügt.
Schulhofkonzept und Planentwurf
Das Ziel der Umgestaltung war es, den Schulhof zu einem naturnahen und abwechslungsreichen Aufenthaltsort zu machen, der die Bewegungsfreude und Kreativität der Kinder fördert und zugleich Ruheinseln schafft. Es sollte ein veränderbarer Raum entstehen, in dem neue Wege des Lernens ausprobiert und der Kreislauf der Natur mit allen Sinnen erlebt werden kann.
Dazu wurde der Asphalt auf dem Schulhof nahezu vollständig entfernt und mit unterschiedlichen Bodenmaterialien ersetzt: Rindenmulch in Bereich der Spielgeräte (Baumhaus mit Hängemattenschaukel, Baumstammmikado und das alte Klettergerüst aus dem Innenhof) und des Grünen Klassenzimmers, Pflasterfläche rund um die Tischtennisplatte und wassergebundene Decke unter den Sitzgarnituren. Dazwischen sind Pflanzbereiche mit Büschen und Bäumen untergebracht, so dass eine kleinteilige Strukturierung der Fläche entstanden ist. Eine Betonschlange wird nach und nach von den abgehenden Viertklässlern in ein buntes Mosaik verwandelt werden. Lediglich eine Feuerwehzufahrt entlang des Schulgebäudes blieb versiegelt, um den Brandschutz zu gewährleisten.
Finanzplanung und Ansprache weiterer Förderer
Das Fundraising-Team, das zur Umsetzung des Schulhofprojektes gegründete wurde, kümmerte sich intensiv um Unterstützung durch Unternehmen, Stiftungen, städtische Ämter und Politik und mobilisierte auch die Schulgemeinschaft selbst.
Insgesamt konnten mit der breit angelegten Spendenkampagne innerhalb von zwei Jahren rund 150.000 Euro eingesammelt werden.
Aktion Schulhofpate
Da der Schulhof ein wichtiger Freiraum im Quartier ist, entschloss sich die Schule, im direkten Umfeld auf Sponsorensuche zu gehen und die ansässigen Unternehmen als Schulhofpaten zu gewinnen. Dazu entwickelte der Förderverein verschiedene Patenschaftspakete. Diese Aktion hat sich bewährt, denn die Schule bat nicht einfach um Geld für ein großes Projekt, sondern konnte anhand der vorliegenden Planungen konkret aufzeigen, was an der Jahnschule umgesetzt werden sollte.
Überregionale Sponsoren und Fördertöpfe
Auch über die Stadtteilgrenzen hinaus warb der Förderverein um Unterstützung und war auch bei der Initiative deinSchulhof aufgrund einer überzeugenden Bewerbung erfolgreich. Darüber hinaus konnte die Schule Lottomittel für einige Spielgeräte einsetzen und Mittel bei mehreren großen Stiftungen einwerben.
Schülerinnen und Schüler
Auch die Kinder der Jahnschule wurden in die Finanzierung der Schulhofumgestaltung aktiv eingebunden. Alle Einnahmen der Schulfeste im Laufe der Spendenkampagne des Fördervereins wurden zugunsten des Schulhofprojektes durchgeführt. Dazu gehörten die Internationalen Buffets auf den Schulfesten, eine Tombola auf dem Sommerfest 2015 und zwei Sponsorenläufe. Allein im Juli 2016 erliefen sie dabei über 7.000 Euro!
Schulträger
Weil die Stadt Wiesbaden durch Sanierungsstau und Ganztagausbau an den städtischen Schulen andere Prioritäten setzen musste, sagte sie zu Beginn lediglich einen Entsiegelungszuschuss zu, wurde später aber weit darüber hinaus aktiv. Im Laufe des Umsetzungsprozesses finanzierte die Stadt immer wieder kleinere Möblierungsgegenstände. Vor allem aber sprang die Stadt ein, als es bei den Baumaßnahmen zu unerwarteten Mehrkosten kam: Wenige Zentimeter unter der Deckasphaltschicht fanden sich weitere Schichten aus Schlacken und Teerasphalt und darunter Bauschutt bis zu den Leitungsgräben. Dankenswerterweise erklärte sich das Schuldezernat bereit, den ohnehin schon zugesagten Zuschuss für die Entsorgungskosten bei Bedarf anzupassen, sodass die Schule trotz dieser Mehrkosten finanziell in keine Engpässe geriet.
Ehrenamtliche Helfer
Das Grüne Klassenzimmer im Innenhof wurde im Juli 2016 mit Hilfe von ehrenamtlichen Helfern umgesetzt. Im Rahmen der Aktionstage „Wiesbaden engagiert!“ konnten zahlreiche zupackende Helfer aus den Reihen des Umweltamts und eines Marktforschungsinstituts gewonnen werden. In den Pausen wurden sie von den Schülerinnen und Schülern fleißig unterstützt.
Einweihung
Dr. Thomas Schäfer, Hessischer Minister der Finanzen und Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung „Lebendige Stadt“: „Ich freue mich, dass die Stiftung „Lebendige Stadt“ und die Deutsche Umwelthilfe sich dazu entschieden haben, das gesammelte Wissen aus ihrer Bundesinitiative „deinSchulhof“ mit in die Gestaltung des Schulhofs der Friedrich-Ludwig-Jahn-Schule einfließen zu lassen und den Schulhof zu fördern. Ein Schulhof sollte immer einladend sein und den Kindern Platz zum Toben, Spielen und Ausruhen bieten. Klar, dass dies noch wichtiger wird, wenn die Schülerinnen und Schüler in Ganztagsschulen noch mehr Zeit dort verbringen. Namensgeber Turnvater Jahn hat die Deutschen in Bewegung gebracht, die Neugestaltung des Schulhofs in Wiesbaden die ganze Schule. Wie im Sport zeigt die Jahnschule, welche Ergebnisse möglich sind, wenn verschiedene Akteure als ein Team ein gemeinsames Ziel verfolgen und an einem Strang ziehen. Das gesamte Verfahren der Umgestaltung ist für mich beispielgebend und ich hoffe, viele Schulen folgen diesem Vorbild.“
Aktueller Schulhofwettbewerb in Thüringen
Thüringen hat im letzten Jahr als erstes Bundesland einen eigenen Wettbewerb „10 grüne Schulhöfe für Thüringen“ gestartet und zwar mit der Förderung des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz. Vier sogenannte Umsetzungsschulen machen sich nun aktuell auf den Weg ihren Schulhof partizipativ und naturnah umzugestalten. Zudem werden sechs Planungsschulen mit ihrer ganzen Schulgemeinschaft eine Planung für naturnahe und vielfältig nutzbare Lern- und Freiräume an ihren Schulen entwickeln.
Foto: Deutsche Umwelthilfe e.V.