Neue Schule - neues Glück
Wenn es eng wird im eigenen Haus, weil die Familie wächst, ist es Zeit für einen Wohnungswechsel. Besteht gar die Möglichkeit für einen Neubau, umso besser, lassen sich doch so...
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Die überalterten und nicht barrierefreien Außenanlagen der Förderschule „Steinwaldschule“ in Berlin wurden komplett umgestaltet und an die besonderen Bedürfnisse der Schüler und Schülerinnen angepasst.
Die Steinwaldschule ist eine Förderschule mit Schwerpunkt „Geistige Entwicklung“ in Berlin-Tempelhof, Ortsteil Marienfelde. In diesem Zentrum werden Kinder im Alter von 6-12 Jahren unterrichtet. Viele der Schüler sind körperlich und geistig mehrfach behindert mit entsprechendem Förder- und Therapiebedarf. Im Rahmen einer Ganztagsbetreuung werden etwa einhundert Kinder von insgesamt ca. sechzig pädagogischen Fachkräften unterrichtet und betreut.
Die Schule war lange Zeit in einem Schulgebäude mit Außenanlagen aus den 1970er Jahren untergebracht. Das bauliche Konzept war nicht auf den Betrieb einer solchen Förderschule mit entsprechender durchgängiger Barrierefreiheit ausgerichtet.
Zudem war der Zustand der Freianlagen veraltet und marode. Die Eingänge waren z.B. mit provisorischen Rampen nachgerüstet. Die meisten Einfassungen auf dem Schulhof waren als schlecht überfahrbare Hochborde ausgebildet. Es gab keine barrierefreien Spielgeräte. Der Verkehrsgarten reichte zu dicht und damit konfliktreich an wichtige Ein-/Ausgangsbereiche heran und der vorhandene Sportplatz war für die Bedürfnisse der Schule überdimensioniert.
Verschiedene Fördermittel ermöglichten dem hochengagiertem Schul- und Sportamt des Bezirks Tempelhof-Schöneberg die Planung und den Umbau der Schule und der Außenanlagen. Den bestehenden und umzubauenden Gebäuden (Klassenhaus und Sporthalle mit Therapiebad) wurde durch das Architekturbüro Numrich Albrecht Klumpp Architekten eine Mensa als Verbindungsbau und neuer zentraler Eingangs- und Verteilerbereich hinzugefügt.
Die Ausführung der Außenanlagen erfolgte durch die GaLaBau-Firma Reinhold Fehmer GmbH in Falkensee in Zusammenarbeit mit Fa. Kernholz GmbH Berlin (Spiellandschaft).
Konzept und Planung
Unter Berücksichtigung des besonderen Bedarfs der Schule war eine umfassende Barrierefreiheit bei intensiver Abstimmung mit dem Nutzer herzustellen.
Es wurden Spielgeräte verwendet und entwickelt, die integrativ genutzt werden können und als pädagogische Unterstützung z.B. im Bereich Sinneswahrnehmung dienen.
Der neue Pausenhof wurde in klare Funktionsbereiche gegliedert:
• Multifunktions-Sportplatz
• Spiellandschaft
• Baumhain
• Pausenfläche
• Verkehrsgarten
• Extensive Grünbereiche
Zur Herstellung des schwellenfreien Schulzugangs wurde die gesamte Pausenhoffläche am Gebäude um 15 cm angehoben.
Insgesamt fanden ausschließlich Belagsmaterialien mit guten Geh- und Rolleigenschaften, wie Asphalt, wassergebundene Decke, Betonstein mit kleinen Fasen und Kunststoff-Fallschutzbelag, Verwendung.
Die Eingänge sind durch ein kontrastreiches Zebrastreifenmotiv deutlich markiert. Sie dienen damit auch als optische Orientierungshilfe und verbinden Innen- und Außenraum miteinander.
Durch die Neudimensionierung, Anordnung und Gestaltung der verschiedenen Funktionsbereiche wurden differenzierte und abwechslungsreiche Raumqualitäten geschaffen:
• Dichte (baumbestandener Verkehrsgarten) – Weite (Pausenfläche)
• Aktion (Spielgeräte)- Ruhe (Holzplateaus)
• Aufenthalt (Baumhain) – Bewegung (Sportplatz)
• offen (Pausenfläche) - geschlossen (Spiellandschaft)
Kräftige Farben und klare Formen bestimmen das eigenständige Erscheinungsbild des Außenraums.
Sportplatz
Der Sportplatz wurde deutlich verkleinert, da die bisherige Sportplatzgröße gemäß Norm für die Zwecke der Steinwaldschule nicht notwendig war und zu viel Raum beanspruchte. Er wurde als Bolzplatz mit EPDM- Fallschutzbelag ausgebildet. Als Ballfang wurde ein weiches und geräuscharmes Netzsystem („Soccer Court“ der Firma SMB Seilspielgeräte) verwendet, welches an den Längsseiten nur als niedriger Zaun ausgebildet wurde und so dem Raum mehr Offenheit und eine einladende Geste verleiht.
Baumhain
Ein Baumhain aus schlanken Hochstämmen (Acer platanoides „Columnare“) dient als Blickfang vor der Glasfront der Mensa und als verschatteter Aufenthaltsbereich.
Pausenfläche
Zwischen Baumhain und dem baumüberstandenen Verkehrsgarten kann eine offene Pausenfläche multifunktional für Feste, Gruppenspiele, Radfahren etc. genutzt werden.
Auf dem Boden aufgemalte Hüpfspiele regen zum Spiel und zur eigenen Flächengestaltung an.
Verkehrsgarten
Der Verkehrsgarten blieb in seiner Funktion und mit dem vorhandenen Baumbestand erhalten. Er wurde barrierefrei und etwas vom Eingangsbereich zurückgesetzt umgestaltet und mit weiteren Spielfunktionen auf den „Verkehrsinseln“ ergänzt. Es wurde eine Ampel mit Signalgebern für blinde und sehbehinderte Verkehrsteilnehmer installiert. Einige max. 2 cm erhöhte Rundborde dienen der Trainingssituation für „echte“ Bewegungen im öffentlichen Raum.
Extensive Grünbereiche
Durch die Umstrukturierung der Flächen konnten zusätzliche Grünbereiche generiert werden, die mit einer ergänzenden Pflanzung, gruppierten Findlingen und Robinien-Stämmen den Rahmen für naturnahes Spiel bieten.
Bepflanzt wurden diese Bereiche mit robusten, pflegeleichten und nicht giftigen Blütensträuchern (Spirea, Ribes, Philadelphus), sowie mit Duftsträuchern, die Schmetterlinge anlocken (Buddleja, Syringa).
Barrierefreie Spiellandschaft als Highlight
Besonderes Augenmerk wurde bei der Ausstattung der Flächen auf barrierefreie und integrative Spielgeräte und verschiedene Bewegungsmöglichkeiten auch für mobilitätseingeschränkte Kinder gelegt. Es wurden zum Beispiel ein Rollstuhlfahrer-Karussell, ein unterfahrbares Tischfußballspiel und ein Liege-Dreh-Kreisel eingebaut. Der Schule war zudem sehr daran gelegen, möglichst viele und unterschiedliche Schaukelmöglichkeiten anzubieten. Diesem Wunsch konnte mit der Errichtung einer Nest-Schaukel, einer in alle Richtungen schwenkbaren Pendelschaukel mit Nestkorb und mehreren reguläre Schaukeln teilw. mit Schalensitzen u. Gurten entsprochen werden.
Besonderes Highlight ist jedoch die Rollstuhl befahrbare Spiellandschaft, die mit ihren drei Türmen die 3-Teilung des Schulgebäudes aufgreift und vielfältige Räume für eigene und unterstütze Entdeckungen und Spiele bietet.
Die gesamte Konstruktion und Verkleidung besteht aus unbehandeltem Eichenholz, welches an den Außenseiten naturbelassen ist und an den Innenflächen der Türme in 3 verschiedenen Pink-Tönen lasiert wurde. Alle Metallteile und metallischen Ausstattungselemente wurden in rostfreiem Stahl V2A/A2 ausgeführt.
Eine lange rollstuhlgerechte Rampe verbindet die Spieltürme auf unterschiedlichen Niveaus bis hin zu einer Rutsche, die durch einen barrierefreien Umsetz- und Auslaufbereich auch für Rollstuhlfahrer nutzbar ist.
Die Türme selbst sind mit unterschiedlichen Spielangeboten belegt. Neben dem Rutschen-Turm gibt es einen Kletter-Turm mit „Ausguck“ und ein geschlossenes Spielhaus mit Trichtertelefon.
Als optischer Effekt wurden einige Fensterflächen farbig aus zweilagigen, transparenten und sehr schlagzähen Polycarbonatscheiben ausgeführt. Zwischen diese wurde eine UV-beständige Farbfolie verklebt.
Die Rampe selbst wurde mit Klang- und Tastspielen ausgestattet und damit zum Erlebnispfad.
Weiterhin gibt es Sandspielflächen mit Liegebrettern, weitere Rutschelemente, motorische Schiebespiele, Liegenetze…
Individueller Bedarf als planerische Herausforderung
Der bei fast allen Projekten aufwendige Abstimmungsprozess war in diesem Fall aus Planersicht besonders herausfordernd. Standardisierte Raumprogramme, wie sie für Regelschulen Anwendung finden, waren als Planungsgrundlage nicht vorhanden. Die Inhalte und Wünsche mussten zunächst in vielen Planungsgesprächen mit allen Beteiligten herausgearbeitet oder vorab noch entwickelt werden.
Der eindeutige Wunsch der Schule, dass die vielen zu betreuenden Kinder im Rollstuhl bis an die Geräte heran gefahren werden können, um sie dann umzusetzen (auch zur körperlichen Entlastung der PädagogInnen), bedeutete auch zunächst ein „mehr“ an versiegelter Fläche, weil eben keine Sand- oder Kiesflächen als Fallschutzbereiche eingesetzt werden konnten. Durch Kompensation mittels an anderer Stelle neu geschaffener extensiverer Grünbereiche wurde ein Flächenausgleich hergestellt.
Viele Geräte und die Spiellandschaft konnten nicht „von der Stange“ konzipiert werden. Deshalb waren bis zum Schluss intensive Abstimmungen, individuelle Prüfungen und teilweise auch Änderungen im Bauprozess notwendig.
Der besondere Bedarf der späteren Nutzer an individuellen Lösungen passte in einigen Punkten auch nicht zur gewünschten Pflege- und Wartungsextensivität der zuständigen Bezirksabteilung. Deshalb musste auch hier intensiv um gangbare Lösungen gerungen werden.
Die Kinder auf der gebauten Anlage spielen zu sehen, entfaltete aber neue Motivation für weitere außergewöhnliche Projekte!
Projektdaten:
Standort:
Steinwald-Schule, Hanielweg 7-9, 12277 Berlin (Marienfelde),
Planung Freianlagen:
KuBuS Freiraumplanung GmbH & Co. KG
www.kubus-freiraum.de
Ansprechpartnerin: Rabea Seibert
Träger:
Bezirksamt Tempelhof Schöneberg von Berlin, Schul- und Sportamt (Bauherr)
Hochbau:
Numrich Albrecht Klumpp Gesellschaft von Architekten mbH
(Planung der Schulgebäude)
Ausführende:
GaLaBau-Firma Reinhold Fehmer GmbH in Falkensee in Zusammenarbeit mit
Fa. Kernholz GmbH Berlin (Spiellandschaft)
Foto: © Nina Straßgütl