Neue Schule - neues Glück
Wenn es eng wird im eigenen Haus, weil die Familie wächst, ist es Zeit für einen Wohnungswechsel. Besteht gar die Möglichkeit für einen Neubau, umso besser, lassen sich doch so...
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Gesundheitsprävention und Gesundheitsförderung spielen auch im Kontext Schule eine immer größere Rolle. Die wachsende Bedeutung hat vor allem auch damit zu tun, dass in der Schule (so wie bereits vorher in der KiTa), Weichen für gesundheitliche Chancengleichheit gestellt werden.
Pädagogen und Wissenschaftler plädieren verstärkt für eine umfassende Gesundheitsförderung bereits im frühen Schulkindalter. Gesundheitsbezogene Einstellungen und Verhaltensmuster, die sich in jungen Jahren ausbilden, wirken oftmals bis ins Erwachsenenalter hinein. Daher wird dem Kindes- und Jugendalter im Zusammenhang mit der Förderung einer gesundheitsbewussten Lebensweise eine große Bedeutung beigemessen. Neben der Familie ist die Schule die relevante Lebenswelt, in der Gesundheitsförderung als Persönlichkeitsentwicklung stattfinden kann. Denn vor dem Hintergrund einer wachsenden Unübersichtlichkeit infolge der zunehmenden Virtualisierung – so zeigen z. B. aktuelle Befunde, dass Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen zwölf und 25 Jahren durchschnittlich 22 Stunden pro Woche ausschließlich zum Kommunizieren, Spielen oder zur Unterhaltung online sind (vgl. BZgA 2017) – gestaltet sich das Heranwachsen und somit die Bewältigung von Entwicklungsaufgaben für die Kinder und Jugendlichen zunehmend komplizierter. Letztlich bietet die Schule zusätzlich einen großen Vorteil hinsichtlich der Rahmenbedingungen für Interventionen – sie erreicht alle schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen.
Bewegung als Indikator für Gesundheit ist längst in den Alltag vieler Schulen, vor allem Grundschulen, eingezogen, denn der Zusammenhang zwischen körperlichem Aktivitätsverhalten und Gesundheit ist in weiten Teilen sehr gut erforscht: Regelmäßige körperliche Aktivität ist nachweislich gesundheitsfördernd und gilt als integraler Bestandteil eines gesunden Lebensstils. Die wissenschaftlichen Daten, die den Zusammen hang von körperlicher Aktivität und Gesundheit beschreiben, sind vielfältig und eindeutig und erreichen einen sehr hohen Evidenzgrad. (vgl. LIGA NRW, 2011).
Lernen braucht Bewegung
Bewegung und körperliche Erfahrung haben jedoch auch für das Lernen und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen eine zentrale Bedeutung. Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie, Neurowissenschaften, Lern- und Unterrichtsforschung belegen den hohen Stellenwert von Bewegung und Sinneswahrnehmung für die Entwicklung von Wissen, Können und Haltungen/Einstellungen. Sowohl die Effizienz des Lernens als auch die Voraussetzungen für das Lernen können durch die Bewegung verbessert werden. Gute Schulen setzen sich daher mit den Bewegungsbedürfnissen der Kinder und Jugendlichen auseinander und nutzen den Körper über die Bewegung als zusätzlichen Sinneskanal für das Lernen. Die Struktur des Gehirns verändert sich durch Lernprozesse und passt sich somit den veränderten Anforderungen an. Bewegung unterstützt dabei das Lernen auf unterschiedlichen Wegen und kann in der Auswirkung auf die Schule durch eine Reihe von Studien bestätigt werden: Singh 2012; Trudeau/Shepard 2010; Booth et al. 2014 (vgl. Brägger et al 2017).
Wie kann Gesundheitsförderung in der Schule aussehen, die Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte, Eltern, das nicht unterrichtende Personal sowie das Umfeld miteinbezieht? Hierzu können beispielsweise neue Unterrichtsformen angestrebt werden, die gesundheitsfördernde Elemente aufnehmen, wie das Klassenfrühstück oder Bewegungspausen. Zudem sollte das Thema Gesundheit eine wesentliche Rolle in Schulprogrammen spielen. Auch die äußerliche Gestaltung der Lernumgebung, wie der Schulhof und die Klassenräume, sollten an gesundheitsförderliche Bedingungen angepasst werden. Ein letzter wesentlicher Punkt ist die Ausweitung der Gesundheitsförderung über die Schulzeit und den Schulraum hinaus (vgl. Altgeld & Kolip, 2004).
Die AOK Rheinland/Hamburg hat mit der Idee zu „Fit durch die Schule“ diesen Ansatz aufgegriffen.
Die Initiative „Fit durch die Schule“ der AOK Rheinland/Hamburg
Beginnend mit dem Schuljahr 2009/10 wurde und wird allen ca. 1.600 weiterführenden Schulen in NRW das Angebot „Fit durch die Schule“ jährlich unterbreitet. Die AOK stellt dafür bis Mitte 2020 eine Summe in Höhe von 2.250.000 Euro zur Verfügung.
Die Initiative „Fit durch die Schule“ fördert passgenaue, ansprechende und motivierende Angebote sowohl für „Bewegungsmuffel“ als auch für sportlich ambitionierte Kinder und Jugendliche. Sie möchte möglichst viele Schülerinnen und Schüler – unabhängig von Geschlecht, Ethnie und sozialem Umfeld – erreichen und zielt darauf,
• den Gesundheits- und Fitnessstatus der Kinder und Jugendlichen zu verbes-
sern,
• durch Kooperationen zwischen Schulen und Sportvereinen eine breite Ange-
botspalette zu sichern,
• die Schülerinnen und Schüler über Spaß und Freude an der Bewegung zu
lebenslangem Sporttreiben zu motivieren und zu befähigen,
• mit der Bindung an einen Sportverein, gerade für die Kinder und Jugendli-
chen, die sonst keinen Zugang fänden, die Bildungs- und Zukunftschancen zu verbessern
Besonders an dieser Initiative ist, dass Schulen selber Ideen für ein Konzept zur Bewegungs- und/oder Sportförderung an Ihrer Schule entwickeln, also konkret auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingehen und Projekte unter Berücksichtigung der vorhandenen Rahmenbedingungen entwickeln. Nach einem Onlinebewerbungsverfahren, flankiert von schriftlicher und telefonischer Beratung bestimmt eine Fachgremium mit Vertretern der AOK, der Wissenschaft und des MSB NRW unter den gesichteten und vorausgewählten Anträgen die förderungswürdigen.
Zentrale Ergebnisse
In den Jahren 2009 bis 2018 gingen 921 Bewerbungen ein, 814 Projektideen davon wurden gefördert. Über den gesamten Zeitraum hinweg fiel die größte Zahl der Bewerbungen auf die Gesamtschulen, gefolgt von Gymnasien und Förderschulen. Das macht deutlich, dass die Bedarfe sich durch alle Schulformen ziehen. Die Projektideen sind so vielfältig und unterschiedlich, wie die Anzahl der Schulen selbst.
Der Einstieg in die Initiative und die damit verbundene Finanzierung sind in vielen Fällen eine Initialzündung, das Profil der Schule, hin zur „gesunden Schule“ zu ändern.
Allen Schule gemein ist, dass sie einen konkreten Handlungsbedarf haben und versuchen, diesen über Sport und Bewegung anzugehen – so haben sich folgende Themen herauskristallisiert
• Neue Sportarten kennenlernen /den Weg in den Sportverein erleichtern
• Mehr Bewegung in den Schulalltag bringen
• Soziales Lernen: Konfliktbewältigung, Gewaltprävention, Kampfsport, Selbst-
behauptung, Selbstsicherheit
• Sporthelferausbildung
• Inklusion/Integration
• Abenteuer/Klettern/Natur
Deutlich erkennbar ist, dass es durchgehend das größte Anliegen ist, Schülerinnen und Schülern den Weg in den Vereinssport zu ermöglichen. Am zweithäufigsten werden Projekte eingereicht, die mit ganz unterschiedlichen Maßnahmen mehr Bewegung in den Schulalltag bringen wollen. Inzwischen als eigener Themenschwerpunkt etabliert, ist die Sporthelferausbildung sehr beliebt, ebenso wie die Angebote unter der großen Klammer „Soziales Lernen“. Von der Evaluation der gesamten Laufzeit werden Aussagen zu den Gründen für die Beantragung bestimmter Themen erwartet.
Beispiele
Im Folgenden sollen Beispiele beschrieben werden, die den Ansatz aufgreifen, mehr Bewegung in den Schulalltag zu bringen, die sogenannte „Bewegte Mittagspause“ und AGs mit Bewegungsmöglichkeiten rund um die Schule, zeigen hier die größte Wirkung.
Da unter den Schülerinnen und Schülern ab Jahrgang 7 Fitness ein sehr großes Thema ist, versuchen Schulen, individuelle Bewegungsfreiräume durch Sport- und Bewegungsgelegenheiten zu schaffen, da viele Schulhöfe von weiterführenden Schulen immer noch nicht so ausgestattet sind, wie die von Grundschulen. Mit Trendsportarten wie Street Workout, Calisthenics und Le Parkour sollen gerade die Jugendlichen „abgeholt“ werden, die noch keinen Zugang zu einer Sportart gefunden haben. Der große Vorteil dieser Sportarten ist, dass meistens mit relativ simplem oder oft auch komplett ohne Equipment trainiert werden kann. Es geht in diesen Fällen darum, das Beste aus den vorhandenen Möglichkeiten, zu machen. Einmal infiziert von dem einfachen Zugang zu Sport, kommen die Jugendlichen in vielen Fällen auch außerhalb der Schul- und AG-Zeiten zum Schulhof zurück, was dann wiederum auch die Identifikation mit der Schule stärkt. Die Teilnahme an Initiativen, wie „Fit durch die Schule“, die keine Materialien finanzieren dürfen, erweist sich oft als Türöffner: vielfach schärfen Schulen ihr Profil in Richtung „Gesundheit“ oder „Bewegungsfreude“ und das wiederum macht sie für potentielle Partner interessant, wenn bereits eine Anschubfinanzierung, und vor allem ein klares Konzept vorliegen. So konnten inzwischen sieben Schulen mithilfe von Sponsoren,Calisthenics-Anlagen auf ihren Schulhöfen installieren.
Um dem Bewegungsdrang der jüngeren Schülerinnen und Schüler nachzukommen, hat es sich bewährt, das Freigelände um die Schule als Bewegungsraum zu erschließen und Geräte und Einrichtungen zu bevorzugen, die bei geringem Flächenbedarf viel kindlichen Bewegungsdrang abbauen (z.B. schiefe Ebenen, Spielhügel, Böschungen, Terrassen, stationäre Hangelgeräte, Boulderwände). Sie konnten zum Teil mit Elternhilfe, im fächerverbindenden Unterricht oder auch mit der eben beschriebenen Sponsorenfindung verwirklicht werden.
Schließlich findet der Ansatz, Bewegungsanlässe über die Schulzeit und den Schulraum hinaus zu schaffen, immer mehr Anhänger - hiermit sind vor allem alle Projekte gemeint, die das Thema Radfahren aufgreifen: mehr Schülerinnen und Schüler kommen mit dem Rad zur Schule und werden im besten Fall (so in der Eifel), schließlich in die Radwegeplanung einbezogen. Aber auch Projekte mit dem Schwerpunkt „Abenteuer“, erschließen sich weitere Bewegungsräume, wenn unter erlebnispädagogischen Ansätzen, das direkte Schulumfeld und das kommunale Umfeld für sinnvolle Freizeitgestaltung erschließen und nutzbar machen.
Wird Lernen als ganzheitlicher Prozess gesehen, an dem der Körper durch Bewegung und Wahrnehmung stärker beteiligt werden soll, dann muss Schule zu einem Lebensraum werden, in dem das Bewegen zu einem wichtigen Merkmal der der Erfahrungsanreicherung wird. Dann muss Schule auch, wie bei den „Fit durch die Schule“-Schulen als Bewegungsraum gesehen werden.
Literatur
Altgeld, T. & Kolip, P. (2004).Konzepte und Strategien der Gesundheitsförderung. In K. Hurrelmann, T. Klotz & J. Haisch (Hg.), Lehrbuch Prävention und Gesundheitsförderung(S. 41–51). Bern, 2004.)
Brägger, G. Hundeloh, H. Posse, N. & Städtler, H. (2017). Bewegung und Lernen: Konzept und Praxis Bewegter Schulen. Beltz-Verlag Nordhausen.
Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen (LIGA.NRW). (2011). Gesundheit durch Bewegung fördern. Empfehlungen für Wissenschaft und Praxis. LIGA. Fokus 12. LIGA NRW Düsseldorf.
Lindemann,(2011). Jubiläumsschrift „10 Jahre Fit durch die Schule - Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung. AOK-Rheinland/Hamburg.
Orth, B. (2017). Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2015 Teilband Computerspiele und Internet. BZgA-Forschungsbericht. Köln.
Bild: HAGS